Im Jahr 2011 beherrschte noch der „Wutbürger“ über viele Wochen die Schlagzeilen. 2012 war der Begriff nahezu aus der Welt der Medien verschwunden. War somit das Phänomen des „zornigen, protestierenden Bürgers“ lediglich künstlich stilisiert? Oder schwelt unter der Oberfläche weiter, was 2011 in einigen Teilen der Republik offen entflammt war? Wie entwickeln sie sich künftig, die viel beschworene „Zivilgesellschaft“, die zumindest in Sonntagsreden gern eingeforderte „Partizipationsdemokratie“?
→ weiter lesenIn diesem Jahr begeht die Georg-August-Universität Göttingen ihr 275-jähriges Jubiläum. Dabei kann sie auf eine ereignisreiche Geschichte zurückblicken – auffällig ist vor allem eine bemerkenswerte Häufigkeit von politischen Aktionen ihrer Hochschullehrer. Insbesondere drei Begebenheiten vermitteln den Eindruck, als gebe es eine regelrechte Tradition des Protests und der Courage, als sei der politische Nonkonformismus eine lokale Spezialität der südniedersächsischen Universitätsstadt. Aber was steckt hinter dieser Vermutung?
[kommentiert]: Britta Baumgarten über Proteste gegen prekäre Beschäftigung in Portugal.
Schon seit Längerem litt Portugal unter Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung. Mit der Schuldenkrise hat sich dieses Problem verschärft. Größere Proteste wie am 15. September 2012[1] blieben bislang allerdings die Ausnahme. Entgegen des weltweiten Trends regt sich ausgerechnet abseits von Massendemonstrationen politischer Widerstand gegen Kürzungsmaßnahmen und Deregulierung. Die portugiesischen Bürger reichten direkt einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung prekärer Beschäftigung im Parlament ein. In den kommenden Tagen wird über diese Gesetzesinitiative abgestimmt, für die verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen, begleitet von einer aufwändigen Kampagne, monatelang mehr als 35.000 Unterschriften sammelten.
→ weiter lesenVor allem die Jugend hat offenbar derzeit, angeregt durch die Möglichkeiten des Web 2.0, die „Macht ihrer Menge“ für sich entdeckt. Denn seit einigen Jahren bilden sich, von Flensburg bis Konstanz, spontane Massen in Deutschlands Innenstädten, so genannte Smart Mobs mit im Kern politischen Botschaften. Junge Menschen pilgern hierbei individuell oder in Kleingruppen zu einem online genannten Ort und kreieren dort zum Teil mit viel Fantasie und in gemeinsamer Darbietung ein (politisches) Statement. Einer der ersten in Deutschland medial beachteten Flashmobs war die „Sprengung“ einer Rede Angela Merkels.
→ weiter lesenKarl Barth gilt als „Kirchenvater des 20. Jahrhunderts“. Der evangelisch-reformierte Theologe engagierte sich zeitlebens für politische Anliegen. Barth stritt für soziale Gerechtigkeit, gründete mehrere Gewerkschaften, organisierte Frauen-Streiks und opponierte gegen das Nazi-Regime. Jens Gmeiner über das bewegte Leben eines politischen Geistlichen.
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Hochgebildete kennen sie: Die Angst vor der Verpflichtung. Die Angst davor, am nächsten Donnerstagabend wiederkommen zu müssen und womöglich noch zum Schatzmeister gewählt zu werden. Die Rede ist von zivilgesellschaftlichen Organisationsstrukturen, von Parteien, Kirchen und Vereinen, die durch feste Regelmäßigkeiten gekennzeichnet und lokal verankert sind. Aber auch von Ortsgruppen vieler Vereine oder Verbände der ehemals als „neu“ bezeichneten sozialen Bewegungen. Stellen wir uns dabei also das hochgebildete Individuum vor, das durch die Anforderungen der Ausbildung oder des Arbeitsmarktes gezwungen ist, flexibel zu sein und häufig den Wohnort zu wechseln. Oder große Teile der aufstrebenden und bildungsorientierten Jugend, die (wie es unter anderem die aktuellen Shell-Studien belegen) an effizienzorientiertes Arbeiten, Schnelligkeit und Zielstrebigkeit gewöhnt ist. In vielen Ortsvereinen, lokalen Aktionsbündnissen oder Basisgruppen stoßen diese jungen Menschen nun auf einen „harten Kern“ sich regelmäßig treffender Aktiver, der zwar im sozialen, kulturellen oder politischen Bereich eine ungemein wertvolle Arbeit leistet, jedoch auf den ersten Blick oft ein wenig, nun ja, strukturell „abschreckt“.
→ weiter lesenWann und warum entstand die „Neue Unterschicht“, wie beteiligen sich sozial Benachteiligte an der Bürgergesellschaft heute und was bedeutet deren geringe Teilnahme an modernen Formen des Engagements für die Demokratie? – Johanna Klatt und Franz Walter über ihr neues Buch „Entbehrliche der Bürgergesellschaft?“
→ weiter lesen[analysiert]: Johanna Klatt analysiert unkonventionelle politische Beteiligung damals und heute.
„Neu“ nannten sie sich, um sich gegen die „alte“ Arbeiterbewegung abzugrenzen: Die neuen sozialen Bewegungen – heute nur noch: soziale Bewegungen – waren die vornehmlich von Studenten geprägte bundesrepublikanische Zivilgesellschaft der siebziger und achtziger Jahre. Slogans der Frauenbewegung wie „Das Private ist politisch!“ schallten durch das Land, die Friedens- und Ökologiebewegung hatte Hochkonjunktur und mindestens eine ganze Generation Aktiver lehnte sich gegen die als konventionell empfundene Politik auf. „Alles Geschichte!“, könnte man meinen. Inwiefern aber hat die Zeit der Friedenstauben und Kinderläden, Sit-ins und Anti-AKW-Buttons bis in die politische Partizipationsstruktur der heutigen Bundesrepublik hinein ihre Spuren hinterlassen? Oder anders gefragt: Was ist im Jahr 2011 von ihr übrig geblieben?
→ weiter lesenJohanna Klatt untersucht im Projekt „Diesseits von Versäulung, Lagern und sozialmoralischen Milieus“ den Bereich „Zivilgesellschaften“. Im Interview erklärt sie, was es damit auf sich hat.
In deinem Projektteil geht es um die Zivilgesellschaften Deutschlands, Österreichs und der Niederlande. Was aber ist denn überhaupt „die Zivilgesellschaft“?
Zugegeben, Zivilgesellschaft ist zunächst ein schwammiger Begriff. Man kann sie sich als Inhalt eines Dreiecks vorstellen, in dem die drei Spitzen der Staat, die Wirtschaft und das Private sind. Zivilgesellschaft ist dann sozusagen der Rest, der räumliche Inhalt des Dreiecks, um im Bild zu bleiben – also das Nicht-Staatliche und Nicht-Wirtschaftliche und Öffentliche. Doch bereits diese Restdefinition – oder „Residualdefinition“, wie sie in der Forschung kompliziert genannt wird – ist problematisch.
Der Kampf um die Einführung eines allgemeinen sozialen Pflichtdienstes als Ersatz für die Wehrpflicht wird momentan an vielen Fronten geführt. Während die Befürworter neben dem vermeintlichen personellen Kollaps der Pflegeeinrichtungen vor allem den angeblich erzieherischen Aspekt eines Pflichtdienstes hervorheben, kontern die Gegner mit dem Totschlagargument der Unvereinbarkeit eines Pflichtdienstes mit Grundgesetz und internationaler Rechtsprechung. Ein Punkt, der in der Diskussion bisweilen etwas stiefmütterlich behandelt wurde, dreht sich um die nicht minder wichtige Frage, inwieweit ein staatlich verordneter Pflichtdienst für junge Menschen die bisherigen Bemühungen um die Gewinnung freiwilliger Kräfte im Sozialsystem konterkarieren würde.
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