Politik sei „eine ernste Sache“[1], kritisiert der Freitag-Chefredakteur Jakob Augstein die zunehmende Popularisierung der Politik im Fernsehen, für die er Stephan Raabs Engagement als Moderator des jüngsten TV-Duells zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für symptomatisch hält. Der Chefredakteur des Hauptstadtbüros der Bild, Nikolaus Blome, dagegen sieht in der Inszenierung eine Notwendigkeit, um den Bürger/die Bürgerin für Politik zu begeistern oder auch Verständnis für deren Komplexität zu erzeugen. Politik dürfe nicht nur „erklärt“, sondern müsse auch „erzählt“ werden, so Blome.[2] Doch was bedeutet es nun, wenn der Wahlkampf 2013 zum Event wird und wer hat ihn dazu gemacht?
→ weiter lesen„Gabriel, Trittin und Gysi verstehen so viel vom Mindestlohn wie die Kuh vom Geige spielen.“ Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen fand auf dem Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Cloppenburg anschauliche Worte, um die gut 300 Delegierten auf den Bundestagswahlkampf einzustimmen. Das Sommerloch ist endgültig überwunden. Nachdem NSA-Affäre, königlicher Nachwuchs in England und eine mögliche Syrienintervention in den letzten Wochen die Schlagzeilen beherrschten, hat in Deutschland nun endlich der Wahlkampf begonnen. Während Angela Merkel sich zunächst betont lässig in den Sommerurlaub verabschiedete und ihren Herausforderer Peer Steinbrück geflissentlich ignorierte, versucht dieser schon seit Wochen mit Hausbesuchen und anderen Wahlkampfveranstaltungen, die SPD aus dem Umfragetief von momentan 22 Prozent herauszuführen.[1]
Endspurt im Wahlkampf: Mit Aktionen wie „Fritz on Tour“ oder „Trittin geht baden“ soll den Erststimmenanwärtern die nötige Publicity verschafft werden. Warum der Wahlkampf gerade in Göttingen besonders interessant ist, soll hier ebenso erläutert werden, wie die Themen und Gedanken, die den Göttinger Mittelstand als wichtige Wählergruppe umtreiben.
„Alles neu, macht der Mai“ – so lautet es in dem Volkslied des Schriftstellers Hermann Adam von Kamp. „Alles neu, macht der September“ könnte es hingegen bei der SPD in diesem Bundestagswahljahr heißen. 2013 ist zweifellos ein wichtiges Jahr für die SPD: Sie feiert ihren 150. Geburtstag, hat einen Bundestagswahlkampf zu bestreiten und möchte 15 Jahre nach der letzten Regierungsübernahme Angela Merkel von ihrem Kanzlerinnenthron stoßen. Und sie will beweisen, dass die Neuaufstellung der Sozialdemokraten nach der demütigenden Wahlniederlage 2009 richtig und erfolgreich gewesen ist. Es ist ein Wahlkampf, dessen Fokus aufgrund des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf wirtschaftlichen Belangen liegt, in dem eine nie gesehene Bürgernähe und Parteimodernität versprochen werden und ein neues Kompetenzteam präsentiert worden ist, das die innerparteilichen Hierarchien auch durcheinander wirbeln könnte. Vor allem aber will die SPD ihre Fähigkeit verdeutlichen, auf die Interessen und Bedürfnisse der Bürger eingehen und ihnen zuhören zu können. Und das soll im Wahlkampf geschehen.
Die grüne Wahlkampftaktik dieser Tage mag auf den ersten Blick ebenso kühn wie revolutionär anmuten: Kann sich der Wähler in den Wochen vor dem Urnengang gewöhnlich an diversen Wahlversprechen erfreuen, sieht er sich im derzeitigen Wahlkampf unter anderem mit den grünen Forderungen nach fleischlosen Kantinentagen, Tempolimits, steigende Lebensmittelpreise und Umweltabgaben auf Plastiktüten konfrontiert. Gesellschaft und Presse zeigen sich dementsprechend eher mäßig begeistert, prompt ist von den „grünen Tugendtyrannen“ der „Verbotspartei“ die Rede.
→ weiter lesenPersonalisierung, Emotionalisierung und Medialisierung. Diese Begriffe fallen häufig, wenn über heutige Wahlkämpfe gesprochen wird. Der politische Inhalt, so die weitläufige Meinung, sei in den letzten Jahrzehnten durch das Aufkommen der Massenmedien immer stärker in den Hintergrund getreten. Während früher noch die durchorganisierten Parteitanker mit eigener Parteipresse und Funktionärsapparat die Wahlkämpfe aufgezogen hätten, sei diese Aufgabe mittlerweile von Marketing- und Werbestrategen übernommen worden. Auf Emotionen, Bilder und Personen, so der Tenor, komme es heute mehr an denn je. Das alles ist gewiss nicht falsch, doch wird dabei übersehen, dass der Beginn der modernen Wahlkämpfe bereits in den 1950er Jahren in der Ära Adenauer liegt.
Ihr lavierendes Vorgehen in der Eurokrise und im Überwachungsskandal hat Angela Merkel in den letzten Monaten viel Kritik eingetragen. Zumeist wurden dabei bereits bekannte Einwände gegen ihre Führung vorgebracht. So monierte beispielhaft der Herausgeber des Freitag, Jakob Augstein, den Wertemangel und die prinzipienlose Erfolgsfixierung der Bundeskanzlerin. Zwar habe sie, die Unbestimmbare, Diffuse, Richtungslose, von Helmut Kohl das Aussitzen gelernt, auch den starken Willen teile sie mit ihrem Vorvorgänger, doch was die westliche Demokratie ausmache, das habe die Ostdeutsche Merkel nicht verstanden. „Für den Machterhalt verbraucht die Kanzlerin andauernd demokratische Substanz, deren Erneuerung sie selber nicht gewährleisten kann. Das war in der Euro-Krise so. Das ist im Überwachungsskandal so.“[1] Und Nikolaus Blome, Leiter des Berliner Büros der Bild-Zeitung, konstatiert, „‚Angela Merkel‘ (sei) in Wahrheit ein anderes Wort für ‚offene Fragen‘“[2].
Eifrig erforschte die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung in den letzten Jahren internationale Best-Practise-Beispiele in sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien. Im Mittelpunkt standen dabei Organisationsreformen als auch inhaltliche Debatten.[1] Gerade die Strukturreformen in der französischen Parti Socialiste erweckten dabei die Neugier der deutschen Genossen, hatten diese doch – wenn man es so linear und optimistisch sehen möchte – immerhin die Wahl des sozialistischen Präsidenten François Hollande ebenso wie eine linke Parlaments- und eine Senatsmehrheit erlaubt – oder zumindest nicht verhindert.
→ weiter lesenViel besser könnte die Ausgangslage für die Piratenpartei kurz vor der Bundestagswahl 2013 eigentlich kaum sein: Seitdem die Partei nach ihrem Einzug in vier Landtage seit dem Sommer 2012 sukzessive in eine Krise bzw. die Bedeutungslosigkeit gerutscht ist, steht mit dem Abhörskandal um PRISM, Xkeyscore und andere Systeme eines ihrer Kernthemen auf der politischen Agenda. Ähnlich wie 2011 das Reaktorunglück von Fukushima einen grünen Ministerpräsidenten möglich gemacht hatte, könnte die laufende Affäre geeignet sein, dem lahmenden Piratenwahlkampf Auftrieb zu verschaffen. Dennoch: Die Umfrageergebnisse für die Piraten verharren bei etwa zwei Prozent, ein Einzug in den Bundestag erscheint momentan überaus unwahrscheinlich. Diese Differenz zwischen passender Agenda und schlechter Performance der Piraten zeigt, dass sich günstige Gelegenheitsfenster nicht ohne Weiteres nutzen lassen.
→ weiter lesenWährend Angela Merkel in der laufenden Legislaturperiode den Zenit ihrer Macht erreicht, häufen sich Protestaktionen, Menschen artikulieren immer mehr ihre Unzufriedenheit. Stuttgart 21 eskalierte im Herbst 2010; in vier Bundesländern zogen die Piraten als Protest-Partei in die Parlamente ein, sogar Südeuropäer schossen sich wütend auf die Bundeskanzlerin ein. Kommentatoren lobten Merkel als starke Frau Europas (Time 100 2012), doch innenpolitisch ist es keine Auszeichnung, wenn unter ihrer Kanzlerschaft die Wahlbeteiligung niedrig bleibt,[1] die außerparlamentarische Opposition zunimmt und die Wut des Bürgers zum Dauerzustand wird. Und so sehr Demonstrationen Demokratien beleben, stellen sie nicht das Allheilmittel dar, politische Prozesse zu gestalten. Die demokratische Kraft muss in die Parteien reintegriert werden.