„Wenn die Politiker nicht imstande sind, in Lichtenhagen für Ordnung zu sorgen, muß sich der gemeine Bürger eben selber zur Wehr setzen“[1], war am 24. August 1992 in einer Rostocker Lokalzeitung zu lesen. Seit zwei Tagen attackierten zu diesem Zeitpunkt hunderte Menschen in dem Neubauviertel Lichtenhagen eine Unterkunft von Asylsuchenden und ein Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter. Tausende klatschten Beifall. Nachdem die Flüchtlinge noch am selben Tag evakuiert worden waren, richtete sich die Gewalt gänzlich gegen die Vietnamesen. Am Abend stürmten Angreifer ihr Wohnhaus, verwüsteten die Einrichtung und legten schließlich Feuer. Mehr als 120 Menschen waren in dem Gebäude eingeschlossen und konnten nur mit der Flucht über das Dach ihr Leben retten. Aus der johlenden Menge tönte ihnen immer wieder „Deutschland den Deutschen“ entgegen und: „Wir kriegen euch alle“.[2]
→ weiter lesenAuch mehr als hundert Jahre nach dem ersten Internationalen Frauentag ist der Kampf um Gleichberechtigung noch lange nicht gewonnen. Dies zeigt sich nicht nur in der häufig hasserfüllten Ablehnung, die Feminist*innen nach wie vor entgegenschlägt. Zusätzlich sieht sich der Feminismus gegenwärtig mit zwei besonderen Herausforderungen konfrontiert, welche die alten Grenzen zwischen Freund*in und Feind*in zu verwischen scheinen.
Der bundesdeutsche Alltag ist seit Wochen geprägt von rassistischen Anschlägen auf Flüchtlinge und ihre (geplanten) Unterkünfte. Inszenieren sich die Täterinnen und Täter oft selbst als besorgte Bürger/innen, zeigt sich in der Auseinandersetzung mit dem Thema einerseits, dass das Weltbild derjenigen, die sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen mit Worten oder mit Gewalt stark machen, zentrale Elemente rechtsextremen Denkens umfasst und vielfach auch mit Schlüsselbegriffen und Schlagworten aus der rechtsextremen Rhetorik aufwartet. Zugleich zeigt sich andererseits anhand des organisierten Vorgehens sowohl bei Demonstrationen wie ähnlichen Protestaktionen als auch bei Übergriffen und Anschlägen, dass auf Erfahrungen rechtsextremer Organisationen zurückgegriffen wird, wenn diese nicht sogar selbst als Aufstacheler und/oder Organisatoren involviert sind. Der rassistische Protest gegen Flüchtlinge ist somit weder spontan noch unorganisiert – und er ist Ausdruck eines rechtsextremen Weltbildes, bei dem sicher nicht alle, die gegen die Flüchtlinge demonstrieren, über ein geschlossen rechtsextremes Weltbild verfügen; aber niemand demonstriert gegen Flüchtlinge, wenn nicht mindestens einzelne Facetten dieses Weltbildes vorliegen.
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