Populismus, v.a. Rechtspopulismus, ist in den westeuropäischen Demokratien seit Längerem auf dem Vormarsch. Dies gilt seit dem Aufstieg von AfD und Pegida inzwischen auch für Deutschland, wo sich rechtspopulistische Parteien bislang nicht dauerhaft etablieren konnten. Gerade angesichts der Zuspitzung der Flüchtlingskrise und den damit verbundenen gesellschaftlichen Ängsten stellt sich die Frage nach dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien nicht nur hierzulande umso dringlicher. Diesem Thema widmete sich die Tagung „(Rechts-)Populismus in Europa – Gefahr für die Demokratie?“, welche die Heinrich-Böll-Stiftung Hessen am 13./14. November 2015 in Frankfurt veranstaltet hat.
Göttingens französische Partnerstadt Pau hat einen berühmten Bürgermeister. Zumindest in Frankreich. Denn 2007 wäre François Bayrou beinahe zum französischen Präsidenten gewählt worden. Noch heute ist er einer der beliebtesten Politiker in unserem Nachbarland. Gleichwohl ist seine politische Heimat, das Zentrum, derzeit von Bedeutungslosigkeit bedroht. Umso wichtiger ist es daher für den ehemaligen „Dritten Mann“ gewesen, 2014 das Rathaus der Stadt am Fuße der Pyrenäen zu erobern.
In der Griechenlandkrise ist gerade das dritte Hilfspaket verabschiedet worden. Christine Lagarde – als erste Frau an der Spitze des männerdominierten Internationalen Währungsfonds (IWF) – hat langwierige Verhandlungen hinter sich. Die großgewachsene Französin ist zurzeit in den Medien sehr präsent. Ihre Entscheidungen und Maßnahmen sind von tragender Bedeutung. Dabei werden Lagarde die unterschiedlichsten Adjektive zugeschrieben: charmant, intelligent, selbstbewusst, elegant, diszipliniert, aber auch kontrolliert, manchmal unerbittlich und dennoch humorvoll.[1] Angesichts ihrer international großen Bedeutung scheint es an der Zeit, diese Persönlichkeit genauer zu betrachten.
„Haben Sie von mir geträumt?“ Diese Frage ist nur eine von vielen, die zum Alltag französischer Journalistinnen gehören, wenn sie auf Politiker treffen. Weil sie bemerkt haben, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, haben im vergangenen Mai vierzig politische Journalistinnen ein Manifest gegen den in der Politik vorherrschenden Sexismus geschrieben. Die Anekdoten, die sie darin erzählen, sind für all jene nicht überraschend, die sich mit der französischen Politik auskennen. Es ist sogar fast erstaunlich, dass ein solcher Text erst 2015 veröffentlicht wurde. Doch warum haben französische Journalistinnen so lange geschwiegen?
[analysiert:] Teresa Nentwig über die Neuformierung der französischen Konservativen
Immer wieder ist in Frankreich vom Niedergang der französischen Parteien die Rede, zuletzt am 24. Mai dieses Jahres in der Tageszeitung Le Monde. Auf einer Doppelseite widmete sie sich vor allem der regierenden Sozialistischen Partei und der oppositionellen UMP, die in den letzten Jahren einen erheblichen Mitgliederschwund zu verzeichnen hatten. Mancherorts existiert mangels aktiver Mitglieder kein Parteileben mehr; neue Ideen gehen nicht mehr aus Debatten hervor, sondern werden – wenn überhaupt – von Thinktanks geliefert; das Spitzenpersonal lässt Beiträge, die Mitglieder im Rahmen neuer Beteiligungsinstrumente eingereicht haben, einfach selbstherrlich in der Schublade verschwinden.
Eindrücke vom Gründungsparteitag der Republikaner. Fotos: Teresa Nentwig
Von deutschen Medien weitgehend unbeachtet geblieben, ist in den letzten Jahren in Frankreich eine Protestform entstanden, die, wäre sie in Deutschland verortet, wenig Verwunderung hervorrufen würde. Aber in Frankreich? Nein, dort würde man sie im ersten Moment wirklich nicht vermuten. Es handelt sich um campierende Aktivisten, die sich den Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt durch Großprojekte auf die Fahne geschrieben haben. Es lohnt sich, näher hinzusehen.
→ weiter lesenDie Ausschreitungen in Ferguson und auch die Pariser Vorstadtunruhen haben gezeigt, dass Riots[1] immer noch ein Thema mit aktueller gesellschaftlicher Relevanz sind. Politiker reagieren auf die spontanen Gewaltentladungen sehr schnell, da seitens der Medien hoher Nachfrage- und Erklärungsbedarf besteht. Nicht selten münden die Antworten der Politiker in inadäquaten Erklärungsversuchen und einseitigen Schuldzuschreibungen an die Aufständischen – wie etwa ein Zitat von Nicolas Sarkozy zeigt, der noch als Innenminister im Kontext der Pariser Vorstadtunruhen verlautbaren ließ, den Abschaum („racaille“) mit einem Hochdruckreiniger aus den Vororten hinaustreiben zu wollen. Der amerikanische Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan kommentierte die Vorkommnisse in Ferguson in der Weise, dass sich in den amerikanischen Innenstädten eine Kultur der Arbeitslosigkeit breit gemacht habe, ganze Generationen nicht ans Arbeiten denken würden und nur deshalb die Aufstände möglich seien.
Dieser Tage kommt es zum Show-Down bei den französischen Rechtspopulisten vom Front National (FN): Die aktuelle Parteivorsitzende Marine Le Pen bricht öffentlich mit ihrem Vater, dem FN-Partei-Gründer Jean-Marie Le Pen, dessen traditioneller Rechts-außen-Kurs nichts mehr mit dem neuen „entdiabolisierten“ Bild der Partei zu tun haben soll. Während die Parteivorsitzende ihre fortschreitende Eroberung der französischen Mitte in Gefahr sieht, bahnt sich in der Partei ein weiterer Generationenwechsel an. Mithilfe von Jean-Marie Le Pens Enkelin Marion Maréchal-Le Pen könnte die traditionelle Stammwählerschaft des Front National auch zukünftig an die Partei gebunden werden und als zweite Säule neben den in den letzten Jahren neu gewonnen Wählern weiter bestehen.
Am Morgen des 31. Juli 2014 statteten François Hollande und Sigmar Gabriel dem Pariser Café Taverne du Croissant einen Besuch ab. Genau hundert Jahre zuvor, unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, war hier der überzeugte Pazifist und Vater der sozialistischen Einheit Jean Jaurès von einem ultranationalistischen Fanatiker ermordet worden. Zum Gedenken an Jaurès legten Hollande und Gabriel vor dem Café einen Kranz nieder und nahmen anschließend für ein kurzes gemeinsames Gespräch im Inneren Platz.
In Frankreich läuft derzeit vieles schief: Die Bevölkerung verliert das Vertrauen in Politik und Demokratie, die Wirtschaftszahlen und Arbeitslosenquoten sind schlecht. Dies nutzut dem rechtsextremen Front National, der bei den Europawahlen 2014 zur stärksten Partei Frankreichs avancierte. Die Wählerschaft, den Wahlkampf und die Strategie der Partei analysiert Daniela Kallinich in ihrem Vortrag vom 09.07.2014.
Video: David Osterkorn.
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