[analysiert]: Alexander Hensel über Landesparteitag und Parteientwicklung der AfD Sachsen-Anhalt
AfD-Landesparteitagsbühne in Dessau-Roßlau. © Eigene Aufnahme.
Sonntagvormittag, staubiger Boden, ein verwildertes Industriegelände am Rande von Dessau-Roßlau. Es liegt ein Hauch von Festivalstimmung in der Luft: Neben der alten Werkhalle steht eine große Bühne für die Versammlungsleitung, gegenüber ist ein breites Zeltdach für die angereisten Mitglieder aufgebaut. Auf der struppigen Wiese dazwischen tapst ein Kleinkind umher, hinten am Wagen riecht es nach Kaffee und Bratwurst. Der erste Open-Air-Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt am 20. September 2020 zeigt fraglos, wie Corona auch die Parteipolitik zu Veränderungen zwingt. Doch Organisationskulturen sind beharrlich: Die Videoleinwand zeigt Tagesordnung und Wahlergebnisse, Musik kommt aus der Anlage nur zum abschließenden Singen der Nationalhymne. Im Zentrum des AfD-Parteitags steht die Neuwahl des Vorstands. Ihr Verlauf und Ergebnis verweist auf die fortschreitende Professionalisierung des AfD-Landesverbands.
→ weiter lesenIm beschaulichen Heidenheim trafen sich Ende Februar über 700 AfD-Mitglieder zu einem turbulenten Landesparteitag. Während die Polizei vor dem Veranstaltungssaal samt Reiterstaffel für Ordnung sorgte, ging es drinnen chaotisch her: An den Saalmikros kam es zu Tumulten zwischen Anhängern verschiedener Lager, Reden tönten schrill und konfrontativ. AfD-Bundeschef Jörg Meuthen forderte in einem ungewöhnlich scharfen und emotionalen Grußwort radikale Mitglieder dazu auf, die Partei zu verlassen.[1] Bernd Gögel, AfD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, rief in einer von lautem Jubel und Buhrufen begleiteten Bewerbungsrede zum Landesvorsitzenden seinen Parteifreunden echauffiert zu: „Jeder Hasenzüchterverein hat Regeln, wer sie nicht befolgt, muss ihn verlassen. Wir haben euch Möglichkeiten gegeben, die Voliere zu reinigen. Wenn ihr das nicht macht, müsst ihr euch nicht wundern, wenn der Vermieter den Kammerjäger bestellt“.[2] Derartig scharfe Töne auf offener Bühne verweisen auf die aktuellen Schwierigkeiten der AfD im Südwesten.
→ weiter lesen[nachgefragt]: Matthias Micus über den Zusammenhang zwischen steigender Wahlbeteiligung und dem Antritt der AfD.
Am kommenden Sonntag wählen die Berliner ihr Abgeordnetenhaus. 2011 lag dort die Wahlbeteiligung bei 60,2 Prozent. Das Aufkommen der AfD hat bislang zu einem Rückgang des Nichtwähleranteils geführt. Fraglich ist, ob sich dieser Trend in Berlin fortsetzt.
Torben Schwuchow: In der Vergangenheit ist vermehrt über das Problem niedriger Wahlbeteiligungen in Deutschland gesprochen worden. Nun ist bei den diesjährigen Landtagswahlen die Zahl der Nichtwähler deutlich zurückgegangen. Ist die viel beschworene Zeit der Politik- bzw. Demokratieverdrossenheit damit beendet?
Noch bevor die Stimmzettel fertig ausgezählt waren, begann der Kampf um die Deutungshoheit des Ausgangs der Kommunalwahl in Niedersachsen. Schließlich gelten Kommunalwahlen nicht nur als Gradmesser der Lage vor Ort, sondern ebenso als Lackmustest für die Vitalität und Stärke der Parteien an der Basis. Nicht zuletzt auch für die Landtagswahlen, die voraussichtlich im Frühjahr 2018 stattfinden werden, ist das Wahlresultat ein Fingerzeig – allerdings, um dies vorwegzunehmen – ein eher uneindeutiger.
→ weiter lesenDie Gezeiten sind an der Ostsee bekanntermaßen ja eher kümmerlich ausgeprägt. Politisch jedoch ist für Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende Hochwasser angekündigt. Nachdem die AfD bereits bei den Landtagswahlen im Frühjahr Rekorderfolge verbuchen konnte, prognostizieren zwei Umfrageinstitute kurz vor der anstehenden Landtagswahl im Nordosten 21 Prozent für die Partei.[1] Längst wird darüber spekuliert, ob die Rechtspopulisten im hohen Norden die CDU überrunden – oder gar noch vor der SPD zur stärksten Kraft avancieren. Zweifelsohne werfen derartige Prognosen drängende Fragen auf. Was motiviert die eindrückliche Zahl der AfD-Sympathisanten? Die aktuellen Umfragen geben darauf ebenfalls einige Hinweise.[2]
→ weiter lesenNach dem erfolgreichen Einzug in acht Landesparlamente steht die AfD im Nordosten Deutschlands vor neuen Rekordergebnissen. Viele wissenschaftliche Analysen führen den allgemeinen Erfolg der Partei auf ihre rechtspopulistische Positionierung zurück.[1] Demnach inszeniert sich die AfD als einzig wahre Repräsentantin „des Volkes“, die ihren moralischen Überlegenheitsanspruch gegenüber „den Altparteien“ sowie generell „den Eliten“ gar nicht oft genug wiederholen kann.[2] Daher ist es durchaus verwunderlich, dass der Landesverband der AfD in Mecklenburg-Vorpommern ausgerechnet mit dem ehemaligen Staats- und Ministerpräsidenten Tschechiens Václav Klaus in die heiße Phase des Wahlkampfs zieht. Schließlich scheint diese Wahlkampfhilfe „von oben“ doch der Charakterisierung der AfD als einer rein populistischen Kraft zu widersprechen. Was hat es also mit diesem „Kampf des Establishments gegen das Establishment“ auf sich?
→ weiter lesenDie Verwunderung über den Aufstieg der AfD hält an. Politiker verschiedener Parteien blicken ratlos auf die eklatanten Erfolge der Rechtspopulisten, Parteistrategen analysieren angestrengt Motive und Antriebe der AfD-Wähler und suchen händeringend nach politischen Antworten auf den aktuellen Erfolg des Rechtskonservatismus. Um zu verstehen, womit wir es aktuell zu tun haben, bedarf es jedoch zunächst eines Blicks in die Geschichte – speziell in die wandlungsreiche Entwicklung des politischen Konservatismus. Dieser hat seit seiner Krise in den 1970er Jahren eine Entwicklung eingeschlagen, welche nun, rund fünfzig Jahre später, an politischer Motivationskraft gewinnt.
→ weiter lesenGut gelaunt nippt Uwe Junge, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen AfD, am ausklingenden Wahlabend in Mainz an seinem Bier. „Nun haben wir ein Gegengewicht zum Osten“, erklärt er mir munter, schließlich habe die AfD an diesem Tag auch in Westdeutschland ihre Stärke bewiesen. In der Tat markieren die Einzüge der AfD in den rheinland-pfälzischen und den baden-württembergischen Landtag eine Zäsur: Bis dato lediglich und auch eher spärlich in den Bürgerschaften Hamburgs und Bremens vertreten, standen westdeutsche Landesverbände bislang im Schatten ihrer ostdeutschen Pendants. Die thüringische AfD um Björn Höcke verwandelte den Erfurter Domplatz mit mehreren hundert Anhängern in eine Art politisiertes Volksfest, die vierköpfige Bremer AfD-Fraktion sich selbst im Zuge der Parteispaltung in eine heillos überforderte „One-Man-Show“[1]. Im Osten laut, schrill und erfolgreich, im Westen blass, moderat und schwach – die Rollen schienen eindeutig verteilt. Doch inwiefern entspricht die rheinland-pfälzische AfD – zumal im Moment des Erfolges – tatsächlich ihrem Klischee? Ein Besuch.
Kurz vor den drei Landtagswahlen am kommenden Wochenende setzt die Alternative für Deutschland zu einem elektoralen Erfolgslauf an. Nicht nur im Osten, sondern auch im (Süd-)Westen der Republik und v.a. in Baden-Württemberg befindet sich die Partei auf einem demoskopischen Höhenflug: Jüngste Umfragen sehen die AfD hier, gleichauf mit der SPD, bei 13 Prozent – der höchste Wert, der für die AfD in einem westdeutschen Bundesland bislang überhaupt gemessen worden ist.[1] Dabei – auch das zeigen die Umfragen – sind die Bürger im Ländle insgesamt verhältnismäßig zufrieden mit ihrer politischen und wirtschaftlichen Situation. Die Exportindustrie brummt, es herrscht beinahe Vollbeschäftigung. Und dennoch: Die Bürger im Ländle prägt ein politisches Unbehagen, das derzeit von der AfD kanalisiert wird. Um den Erfolg der Partei im Südwesten zu verstehen, muss man auf ihr Programm und Sozialprofil blicken, die eine Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung im Auftrag der Otto-Brenner-Stiftung jüngst untersucht hat.[2]
→ weiter lesenNoch im letzten Sommer ist die AfD politisch und strategisch empfindlich geschwächt gewesen: Nach der Abspaltung des wirtschaftsliberalen Flügels um Bernd Lucke sahen nicht wenige das Ende der Partei voraus. Doch seit einigen Monaten befindet sich die AfD wieder im politischen Aufwind. In aktuellen Umfragen kündigt sich für die Landtagswahlen am 13. März 2016 in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ein beachtlicher Erfolg der Partei an. Sollte die AfD tatsächlich in alle drei Landesparlamente einziehen, wäre den Rechtspopulisten ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur parlamentarischen Etablierung gelungen. Das Göttinger Institut für Demokratieforschung hat die Partei im Wahlkampf in den drei Bundesländern analysiert und die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, die Organisation, Programmatik, Wahlkampfstrategien und Wählerpotenziale untersucht. Hierbei zeigen sich viele Gemeinsamkeiten, aber auch wichtige Unterschiede innerhalb der AfD, v.a. zwischen Ost und West. Die Ergebnisse der Studie sind als Arbeitspapier der Otto-Brenner-Stiftung online verfügbar. Weitere Informationen: