Folgt man den Kommentierungen in den Medien während der letzten Tage, ist das Urteil über die Piratenpartei längst gesprochen: Sie ist gescheitert. „Bye, Bye“ ruft Spiegel Online und Welt Online sekundiert, dass man diese Partei in der Verfassung schlicht nicht brauche. Seit Monaten scheinen sich die Politneulinge in erster Linie mit sich selbst zu beschäftigen. Nachdem sie im Wahlkampf noch vollmundig Bürgerbeteiligung, einen neuen politischen Stil nebst radikaler Abkehr von den ritualisierten Ränkespielen der Parteien und eine an Sachfragen ausgerichtete Politik angekündigt hatten, stellen nicht nur die professionellen Beobachter fest, dass sie „wie die Großen, nur fieser“ agierten.
Die nautische Metaphorik des Enterns oder Kenterns neigt sich jedenfalls ersichtlich zu letzterem. Die Indikatoren sprechen gegenwärtig klar gegen einen Erfolg bei der Bundestagswahl. Niederschmetternde zwei Prozent bei der Landtagswahl in Niedersachsen, Umfragewerte für die Bundestagswahl im Bereich von drei Prozent und dann ein fortwährender Streit im Bundesvorstand um die Zukunft des politischen Geschäftsführers, langatmige Parteitage und uninspirierte, weil wenig zugespitzte Kampagnenbausteine für die Wahlen runden das Bild dann für den Außenbetrachter ab.
All das mag richtig sein, weder der erfahrene Politikwissenschaftler noch der sachkundige Journalist würden gegenwärtig auch nur einen Cent auf den Einzug der Piraten in den nächsten Bundestag setzen. Wenn man die Piratenpartei längere Zeit beobachtet hat, gewinnt man keineswegs andere Erkenntnisse, dennoch sei vor ultimativen Abgesängen gewarnt. Drei Faktoren lassen sich im Augenblick nämlich nicht mit abschließender Sicherheit bestimmen:
Zieht man diese Punkte zusammen, so ist keineswegs ausgemacht, dass nicht am Ende auch die Piraten von der weiterhin vorhandenen hohen Volatilität profitieren. Allerdings können die Piraten dabei kaum agieren, sondern eben bestenfalls reagieren und die Ausgangsbedingungen sind doch ausgesprochen schlecht. Die Kernwählerschaft langt bestenfalls für zwei Prozent. Die Finanzlage der Piraten ist unvermindert schwach. Die Verschleißerscheinungen beim Führungspersonal sind unübersehbar. Die Querelen an der Parteispitze behindern die erforderliche strategische und inhaltliche Positionierung. Überdies, die bloße Unzufriedenheit eines Teils der Wähler übersetzt sich nicht zwangsläufig in Stimmen für die Piraten, sondern andere Parteien setzen ebenso auf das Protestpotential und dürften sich in ihrem Werben wohl professioneller anstellen, als es die Piraten gegenwärtig tun.
Dr. Stephan Klecha ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Göttinger Institut für Demokratieforschung. Weitere Beiträge zum Thema Piratenpartei finden sich hier.