[gastbeitrag]: Franziska Pflüger analysiert das Verhältnis von Armut und Geschlecht[1]
Szene aus „Sterne über uns“. © 2Pilots Filmproduction.
Wie der Soziologe Ulrich Beck richtig erkannte, haben Krisen und (Natur-)Katastrophen neben den nicht zu beschönigenden Folgen zumeist auch das Potential, auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen.[2] Sie zeigen, was Gesellschaften im Innersten zusammenhält, wie sie funktionieren oder besser gesagt nicht funktionieren und bringen hervor, was längst auf die politische Tagesordnung gehört. So hat ausgerechnet die Covid-19-Pandemie Debatten rund um die Gleichberechtigung der Geschlechter wieder entfacht. Schlagzeilen wie „Frauen sind besonders getroffen“[3], „Frauen tragen die Hauptlast der Corona-Krise“[4] und „Wie die Corona-Krise uns bei der Gleichberechtigung zurückwirft“[5] durchzogen in der Phase des großen Lockdowns die deutsche Presse- und Medienlandschaft und identifizierten neben Geringverdienenden und prekär Beschäftigten Frauen als die großen Verlierer dieser Zeit. Wenn es darauf ankommt, und das hat die Pandemie gezeigt, sind es noch immer in erster Linie Frauen, die ihr Erwerbsleben und ihre persönlichen Bedürfnisse zugunsten der Familie hintenanstellen und den Großteil der Sorge- und Hausarbeit stemmen.
→ weiter lesen[analysiert]: Alexander Hensel über Landesparteitag und Parteientwicklung der AfD Sachsen-Anhalt
AfD-Landesparteitagsbühne in Dessau-Roßlau. © Eigene Aufnahme.
Sonntagvormittag, staubiger Boden, ein verwildertes Industriegelände am Rande von Dessau-Roßlau. Es liegt ein Hauch von Festivalstimmung in der Luft: Neben der alten Werkhalle steht eine große Bühne für die Versammlungsleitung, gegenüber ist ein breites Zeltdach für die angereisten Mitglieder aufgebaut. Auf der struppigen Wiese dazwischen tapst ein Kleinkind umher, hinten am Wagen riecht es nach Kaffee und Bratwurst. Der erste Open-Air-Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt am 20. September 2020 zeigt fraglos, wie Corona auch die Parteipolitik zu Veränderungen zwingt. Doch Organisationskulturen sind beharrlich: Die Videoleinwand zeigt Tagesordnung und Wahlergebnisse, Musik kommt aus der Anlage nur zum abschließenden Singen der Nationalhymne. Im Zentrum des AfD-Parteitags steht die Neuwahl des Vorstands. Ihr Verlauf und Ergebnis verweist auf die fortschreitende Professionalisierung des AfD-Landesverbands.
→ weiter lesen[kommentiert]: Paul Moersener und Anna Carola König über studentisches Leben und Bewusstsein im digitalen Semester
Während in Politik und Gesellschaft ein breiter Konsens darüber herrscht, in den Schulen wieder zu Unterricht in Präsenz zurückzukehren, scheint für Universitäten Gegenteiliges der Fall zu sein. Mittels ausgeklügelter Hygienekonzepte wird in den meisten öffentlichen Bildungsinstitutionen versucht, einen annähernden Normalbetrieb wiederherzustellen. Die Bestrebungen, auch in der universitären Lehre wieder Präsenzveranstaltungen zu ermöglichen, fallen dabei deutlich geringer aus. So sprach man sich in der offiziellen Pressemitteilung[1] der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) – selbstbezeichnete „Stimme der deutschen Hochschulen“ – für eine überwiegend digitale Lehre im kommenden Wintersemester 2020/2021 aus. Dabei sollen jedoch so viele Lehrveranstaltungen in den Räumen der Universitäten wie möglich (oder eher wie nötig) angeboten werden.
→ weiter lesen[gastbeitrag:] Nora Reckhardt berichtet, wie das nicaraguanische Regime die Corona-Krise zur Machterhaltung nutzt
Für den folgenden Beitrag sprach die Autorin Nora Reckhardt persönlich mit der Vorsitzenden des nicaraguanischen Zentrums für Menschenrechte Vilma Nunez und mit Jareth L*., der in diesem Jahr als Austauschstudent nach Deutschland kommen sollte und dessen Name nicht vollständig genannt werden soll.
Präsident Daniel Ortega neben Vizepräsidentin sowie Ehefrau Rosario Murillo. 15.04.2020, Minute 0: 58, URL: https://www.youtube.com/watch?v=vYYLXYQ-sb4 [eingesehen am 27.07.2020].
[gastbeitrag]: Hannah Spille über den Kniefall von Warschau und den symbolischen Gehalt geschichtspolitischer Gesten
Willy-Brandt-Denkmal in Warschau © CreativeCommons-Lizenz by-sa-2.0-de
Das Knie zu beugen erfreut sich dieser Tage als Geste des Protestes gegen Rassismus großer Beliebtheit. Doch in Deutschland hat diese symbolträchtige Geste in einem anderen historischen Kontext ikonischen Charakter erlangt.
→ weiter lesen[gastbeitrag]: Johannes Sosada analysiert die Verbindung von Antisemitismus und Verschwörungstheorien in der Corona-Krise
© Photo by Markus Spiske on Unsplash
Das Corona-Virus als jüdischer Versuch die Weltbevölkerung zu minimieren, als eine von Israel gezüchtete Biowaffe oder Juden als millionenschwere Profiteure eines möglichen Impfstoffes – „Krudester Antisemitismus bricht sich Bahn“[1]. Bereits Ende März, zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Corona-Pandemie, warnte Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus vor der Zunahme von Antisemitismus im Zuge der Corona-Krise. Auch das israelische Außenministerium warnte früh vor der Verbreitung judenfeindlicher Verschwörungstheorien: Deutschland belege nach den USA und Frankreich Platz drei der Länder, in denen die meisten antisemitischen Äußerungen zur Corona-Krise im Internet verbreitet würden.[2]
→ weiter lesen[analysiert]: Annemieke Munderloh und Lino Klevesath über die Verfassungklage der „Föderalen Islamischen Union“ zur Öffnung der Moscheen in Corona-Zeiten.
Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht., 30.04.2020, Minute 5:05, URL: https://www.youtube.com/watch?v=jeSz9EjmT1Y [eingesehen am 05.06.2020]
[präsentiert]: Florian Finkbeiner und Niklas Schröder mit Studienergebnissen zum Sozialprofil und den politischen Einstellungen von AfD-Wählern in Niedersachsen.
Der elektorale Erfolg der „Alternative für Deutschland“ (AfD) gibt weiterhin Rätsel auf. Bis vor kurzer Zeit hielt sich hartnäckig das Wunschdenken, die neue Rechtsaußenpartei werde das gleiche Schicksal ereilen wie zuvor die Piraten-Partei, die nach einem kurzen Aufflackern relativ schnell wieder in der Bedeutungslosigkeit versank. Doch entgegen dieser Erwartung konnte sich die AfD weitgehend im Parteiensystem etablieren, ihr gelang schließlich der Einzug in den Bundestag und alle Landtage, teilweise sogar als zweitstärkste politische Kraft.
→ weiter lesen[analysiert:] Joris Sprengeler über die Repräsentationskonzeption hinter den Paritätsgesetzen
„Nur die Vermittlung eines Anderen vermag das Individuum als ein Anderes hinzustellen“– Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht[1]
Die gesellschaftliche Stellung der Frau mag sich im Rückblick auf die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte sukzessive verbessert haben. Und dennoch: Die Unterschiede im Zugang zu den Ressourcen unserer Gesellschaft sind gewaltig. Ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital sind enorm ungleich verteilt[2] und ein Ende der Schieflage ist nicht in Sicht: Frauen verdienen im Durchschnitt weitaus weniger als Männer,[3] sie sind sehr viel stärker von Übergriffen gegen die sexuelle Selbstbestimmung betroffen[4] und in nahezu allen Parlamenten weltweit in weitaus geringerer Zahl vertreten.[5]
Bis auf einige skandinavische Staaten liegt der Frauenanteil in den Parlamenten westlicher Demokratien in der Regel unter 40 Prozent. Auch der Anteil der Mandatsträgerinnen im Bundestag liegt bei unter einem Drittel und ist im Vergleich zur vorherigen 18. Wahlperiode sogar noch gesunken.[6] Diese Ungleichverteilung steht in einem starken Kontrast zu der Geschlechterverteilung in der Bevölkerung, die auch in der Bundesrepublik nahezu 1:1 beträgt.[7]
→ weiter lesen[Gastbeitrag]: Philipp Schröder über die Ukraine-Affäre und die Bewertung von präsidialen Regel- und Normverstößen in der amerikanischen Politik.
Donald Trump ist auf Lebenszeit „impeached“! So betonen es jedenfalls die Demokraten um Sprecherin Nancy Pelosi seit dem Ende des formal erfolglosen Amtsenthebungsverfahrens gegen den US-Präsidenten. Nachdem verschiedene Medien in Deutschland und den USA im Laufe seiner erster Amtszeit immer wieder Trumps Watergate heraufbeschworen, blieb dieses jedoch einmal mehr aus. Gemessen an der Schwere der Verfehlung und dem im Weißen Haus vorherrschenden Grad an Korruption erscheint dies aus nicht-amerikanischer Perspektive beinahe verwunderlich. Wie konnte sich Trump also trotz seines Fehlverhaltens in der Ukraine-Affäre der Überwachung des amerikanischen politischen Systems und einer Verurteilung entziehen?
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